Zuströmbereiche als Lösung für die Verbesserung der Trinkwasserqualität?
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- 7. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Apr.
Am Workshop von 4aqua am 20. März referierte Kurt Seiler, Leiter des Interkantonalen Labors Schaffhausen, über Zuströmbereiche. Er erklärte, warum diese seiner Ansicht nach derzeit der einzig politisch gangbare Weg sind. Für die Zukunft brauche es aber mehr: Einen generell nachhaltigen Umgang mit der Umwelt.
Herausforderungen bei Nitrat und Pflanzenschutzmitteln
Die lebensmittelrechtlichen Höchstwerte von 40 mg/L Nitrat für das Trinkwasser werden praktisch überall in der Schweiz eingehalten. Auf den Wasserversorgern lastet ein erheblicher Druck: Im Mittelland werden die Grenzwerte nach Gewässerschutzrecht, das der Vorsorge dient, an vielen Orten nicht eingehalten. Oft müssen die Wasserversorger hohen Belastungen ausweichen oder Grundwasser mischen, um das Lebensmittelgesetz einzuhalten.
Ein weiteres Problem sind die Abbauprodukte von Pflanzenschutzmittel, insbesondere von Chlorothalonil, die langfristige Gesundheitsrisiken bergen. Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln wird der Persistenz dieser Stoffe zu wenig Rechnung getragen.
Gewässerschutzgesetz – eigentlich gut
Artikel 3a des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) legt fest, dass der Verursacher für die Kosten aufkommen muss. In der Gewässerschutzverordnung (GSchV) ist zudem geregelt, dass Trinkwasser nach einfacher Aufbereitung den Anforderungen der Lebensmittelgesetzgebung entsprechen muss. Darüber hinaus verbietet die GSchV das Vorhandensein künstlicher, langlebiger Stoffe im Wasser.
Das sind eigentlich klare und sehr gute Vorgaben. Trotzdem konnten sie das Auftreten der erwähnten Verunreinigungen nicht verhindern. Ein Problem liegt darin, dass im Landwirtschaftsgesetz Anreize bestehen, die diesen Vorgaben zuwiderlaufen. Darüber hinaus werden indirekte Umweltauswirkungen, etwa von Stickstoff auf die Biodiversität, häufig unterschätzt.
End-of-Pipe-Lösungen statt Vorsorgeprinzip
Laut Kurt Seiler wird das Gewässerschutzrecht bei der Zulassung von Stoffen unzureichend berücksichtigt und auch beim Stickstoff bestehen falsche Anreize. Statt vorbeugender Massnahmen dominieren End-of-Pipe-Lösungen, d.h. die Kantone müssen mit grossem Aufwand im Vollzug, versuchen, die Situation zu korrigieren. Das ist aus volkswirtschaftlicher Sicht sehr ineffizient und teuer.
Zuströmbereiche als Schritt in die richtige Richtung
Das Instrument der Zuströmbereiche ist seit 1998 im Gesetz verankert. Gleichwohl sind erst etwa 50 ausgeschieden worden. Der Aufwand für die Ausscheidung ist gross und Massnahmen sind mühsam durchzusetzen, weil sie mit den bestehenden, gesetzlichen Anreizen nicht kompatibel sind (verfehlte Subventionspolitik).Trotzdem begrüsst Kurt Seiler die Ausscheidung, weil sie zu einem besseren hydrogeologischen Verständnis führen und weil uns allen ja wichtig ist zu wissen, woher ein Lebensmittel kommt. Zudem gibt es in einem Zuströmbereich ja nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch gewerbliche Betriebe und Privathaushalte, die von allfälligen Massnahmen gleichermassen erfasst werden.
Laut Seiler sind Zuströmbereiche eigentlich eine Konzession an die landwirtschaftliche Produktion, die jedoch noch nicht als solche erkannt wird. Bei einer generell nachhaltigen Bewirtschaftung gäbe es keine Pflanzenschutzmittelrückstände und keine Stickstoffüberschüsse im Grundwasser.
Zuströmbereiche sind sinnvoll und wichtig zur Verbesserung der Trinkwasserqualität. Sie können aber einen generell nachhaltigen Umgang mit der Umwelt nicht ersetzen.
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